Sammlung Botho Walldorf im Staatsarchiv Sigmaringen

Bestand Botho Walldorf (geb. 1945)

Überlieferungsgeschichte

Zur Person:

Botho Walldorf, geb. 1945 in Lauterbach auf Rügen, Kriegshalbwaise, Schulzeit im Gammertingen 1951-1961, Fahrschüler zum Gymnasium Hechingen 1961-1964, Lehre als Industriekaufmann in Stuttgart 1964-66, seit 1970 bis heute im Mittleren Neckarraum in der Datenverarbeitung tätig. Seit 1979 wohnhaft in Wannweil, Landkreis Reutlingen, verheiratet, ein Sohn, geb. 1982.

Themenabgrenzung:

Im August 1987 übergab B. Walldorf etwa 300 schmale Leitz-Ordner mit Fotos in dokumentenechten Klarsichthüllen auf Veranlassung von Archivdirektorin Frau Dr. Kuhn-Rehfus (1938-1993) an das Staatsarchiv Sigmaringen. Sie waren ab 1978 zusammengestellt und im Eigenheim in Gammertingen aufbewahrt worden. Die fotografierten und beschriebenen Themen sind die Hohenzollerische Landesbahn AG (HzL), sowie Gammertingen und die umliegenden Orte des Mittleren Laucherttals. Dieses Findbuch umfasst die gesamten, von B. Walldorf bearbeiteten Themenbereiche.

Verwendete Fotomaterialien:

Kleinbild-Reproduktionen sowie etwa 100 Stück 6 x 9 cm Planfilm-Reproduktionen, angefertigt Herbst 1968, liegen zum Thema HzL vor. Insbesondere die fotografische Überlieferung aus der Gründungszeit der HzL 1900 bis 1912 hat B. Walldorf ab Sommer 1968 bei damals alten Landesbahnern und Privatleuten reproduziert und hier als Baryt-Maschinenvergrößerungen (angefertigt 1978-79) eingebracht

(Davon etwa 100 Reproduktionen aus dem Zeitraum 1900 bis 1912). Eigene Fotos (Kleinbild Schwarz-weiß-Filme, damals noch handwerklich entwickelt bei Alfred Herre (1913-89), Fotografenmeister in Gammertingen) entstanden ab Sommer 1960 zumeist mit der Kleinbildkamera Dacora dignette, Kamerawerk Reutlingen.

Ab Mai 1962 bis September 1979 wurde mit AGFA CT 18 Umkehrfilm fotografiert und die entstandenen Dias handgeglast. Der in diesem Findbuch erschlossene Zeitraum umfasst die Jahre 1899 bis 1987. Die Schwarz-Weiß Vergrößerungen im Format 13 x 18 cm entstanden ab September 1978 bis 1979 als Baryt-Maschinenvergrößerungen. Die ab etwa 1982 vergrößerten Kleinbild-Negative sind leider bis heute (2003) PE-Kunststoff-Fotopapiere, maschinell entwickelt. Die ebenfalls größtenteils 1979 hergestellten Farb-Maschinenkopien vom handgeglasten Farbdia im Format 13 x 18 cm haben sich im Zeitraum 1979 bis 2003 als farbstabil erwiesen.

Ab September 1979 wurden KODAK-Farbnegative als Trägermaterial verwendet. Es entfiel das zeitaufwendige Rahmen der Dias. Ferner wurden wegen nachlassenden Interesses kaum mehr Lichtbildervorträge auf örtlicher Ebene gehalten. Für diesen Zweck wurden die Dias seinerzeit überhaupt aufgenommen. Leider haben sich die Farbnegativ-Vergrößerungen (Prints) als nicht farbstabil erwiesen. Die Negativ-Filme sind etwas farbstabiler. Abhilfe könnte durch Vergrößern auf schwarz-weiß geschaffen werden.

1991 erfolgte die Einlagerung von Depositum-Nr. 44 in die neuen, klimatisierten Magazine des Staatsarchivs Sigmaringen.

Archivalisches

Ab Dezember 1995 wurde gemäß fachlicher Anleitung von Herrn Dr. Treffeisen bis Nov. 1997 etwa 25 Archivschachteln von B. Walldorf fachgerecht verpackt. Bis April 2003 war der Bestand auf etwa 160 Archivschachteln angewachsen. Die 1981 von B. Walldorf gebildeten Titelaufnahmen wurden ergänzt, ebenso die aktuellen Ergänzungen seit 1981 zu den Fotos. Manches Ereignis konnte zusätzlich verwerkt werden (etwa die Verschrottung von Triebfahrzeuge und der Abbruch von Häusern bis 2003), was beim Aufkleben und Beschriften der Fotos noch gar nicht bekannt war.

Eine der letzten Verpackungen erfolgte am 24. November 1997, die Findbuchnummern 1 bis 85 sind im Dezember 1998 vergeben worden. Eine Benutzungsmöglichkeit für die Sammlung Walldorf im Staatsarchiv Sigmaringen ist nunmehr gegeben. Der Bedeutung des fachgerechten Verpackens wohl||bewusst, wurde in einer Großaktion ab 23. Oktober 2002 bis voraussichtlich Juni 2003 in etwa 7 Arbeitswochen die Findbuch-Nummern ab 123 bis etwa Findbuch-Nr. 360 vergeben.

Etwa die gleiche Menge an Leitz-Ordnern (ca. 30 Stück) zum wichtigen Thema Landesbahn, wie in diesem Findbuch verzeichnet, lagerte im Dez. 1998 noch in sogenannten dokumentenechten Klarsichthüllen (Leitz-Nr. 4734, beschafft größtenteils 1979) noch unverzeichnet, aber mit Titelaufnahmen von 1981 versehen, im Staatsarchiv Sigmaringen. Das wichtige Thema Landesbahn war bis November 2002 endlich fertig verzeichnet und verpackt.

Zum Thema Hohenzollerische Landesbahn AG (HzL)

Der bisher verzeichnete Bestand enthält schwerpunktmäßig die Fotos, die B. Walldorf vom Landesbahnbetrieb in den Jahren 1961-1964 seinerzeit als Fahrschüler gemacht hat. Die Dampflokomotiven Betriebs-Nummer 11 (erbaut 1911, seit 1971 betriebsfähige Museumslok), Nr. 12 (erbaut 1911, verschrottet 1964) , Betriebs-Nr. 15 (1940-1965), Nr. 21 (1914-1963) und Nr. 141 (1929-1965) wurden noch fahrplanmäßig eingesetzt. Sie wurden in diesen Jahren als Ersatz für die Dieselfahrzeuge noch sporadisch gebraucht. Stilreine Dampfzüge wie zur Gründungzeit der HzL waren damals noch fast Gewöhnliches.

Als Nebeneffekt wurden die Dorfbild- und Landschaftsveränderungen der an der Landesbahnstrecke liegenden Orte gleichfalls dokumentiert. Die Triebwagen Betriebs-Nummern VT1, VT 2 und VT 3 (Baujahre 1934 und 1936) der ersten Generation waren noch täglich im Betrieb, ebenso die 1951 beschafften Schienenbusse Betriebs-Nr. VT 6 und VT 7 (verschrottet um 1970). Es sind etwa 30 Betriebsfotos im Bestand vorhanden. Weitere nicht bekannte Fotos von diesen ersten Triebwagen können nur noch bei Privatpersonen oder in Herstellerprospekten gefunden werden.

Als zweite Triebwagen-Generation wurden 1960-66 die MAN-Leichttriebwagen Betriebs-Nummern VT 4 bis VT 9 beschafft. Sie sind auf etwa 100 Fotos oft zufällig und manchmal vereint mit Personenwagen von 1900 beziehungsweise von 1908 abgebildet. Dieser Triebwagentyp wurde ab 1993 durch die Triebwagen VT 41-43 vom Typ NE 81 abgelöst. Diesen wiederum folgten ab Februar 1997 die 24 Stück Regio Shuttle vom Typ RS 1. Betriebsaufnahmen von den MAN-Triebwagen werden also selten.

Der Güterverkehr wurde in den Jahren 1961 bis 1964 von den Diesellokomotiven Betriebs-Nr V 81 (erbaut 1957, 2003 noch reparaturbedürftig vorhanden), V 82 (erbaut 1958, 1979 verkauft, 1990 als Bauzuglok in Italien gesehen) und V 121 (erbaut 1963, Motorschaden 1993, verschrottet Mai 1995) durchgeführt. Besonders interessant sind Zugkreuzungen der genannten Triebfahrzeuggattungen z. B. in Haigerloch April und Juni 1962. Es sind auch Fotos von sämtlichen 14 Bahnhofgebäuden vorhanden, die ab 1972 abgebrochen wurden.

Die Fotos dokumentieren die Betriebsmittel der Bahn ab 1900, besonders jedoch die Umstellungsphase von Dampf auf Diesel in den Jahren 1961-1964. Ab 1970 wurden bei der HzL keine Dampflokomotiven im Regelbetrieb mehr gebraucht. Zahlreiche Arbeitsplätze der Landesbahn sind aus der Zeit dokumentiert, als es noch keine Computer gab.

Die Gleisbauarbeiten wurden von eigenen Gleisbauarbeitern meist in Handarbeit ausgeführt, es gab keine Kräne oder auf diese Arbeiten spezialisierte Unternehmerfirmen. Diese wurden erst ab Mitte der 1970er Jahre mit Gleisbauarbeiten betraut. Ab 1964 setzte bei der Landesbahn der Museumsbetrieb ein. Die ersten Fahrten dieser Art ab 1964, 1965, 1968 (Winterfahrt) und 1971 mit stilreinen Landesbahn-Personenzuggarnituren sind im Bestand dokumentiert.

Jede Findbuch-Nummer enthält durchschnittlich etwa 150 Fotos, meist im Format 13 x 18 cm. Bei etwa 300 ehemaligen schmalen Leitz-Ordnern sind im Bestand größenordnungsmäßig etwa 50 000 Fotos erschlossen und a||ufbewahrt.

Leitsatz:

Die Fotosammlung Walldorf (Themen: Hohenzollerische Landesbahn und Mittleres Laucherttal) dient der Visualisierung folgender Abläufe im Zeitraum des 20. Jahrhunderts, insbesondere der 1960er Jahre:

Technische Innovationsprozesse am Beispiel der Hohenzollerischen Landesbahn AG

(gegründet 1899)

Urbanisations-und Migrationsprozesse am Beispiel der Stadt Gammertingen und Nachbarorten.

Fastnacht und Kirchenbrauchtum waren oft ein Anlass zum Fotografieren. Davon sind auch hier zahlreiche Fotos enthalten, die den Wandel bei diesen Themen dokumentieren. Plumpsklos, Innenaufnahmen von Kammern und rauchgeschwärzten Dachstühlen sowie Hausabbrüchen sowie der Wandel von Arbeitsplätzen sind wichtige Lebensbereiche, die anderswo kaum in öffentlich zugänglichen Fotosammlungen dokumentiert sind.

Botho Walldorf